Ich habe ein neues Wort erfunden: “Workatical!”

Und natürlich habe ich diesen Begriff nicht als erster Mensch auf der Welt erfunden. Fast jede Erfindung, jede Innovation, jede gute und jede weniger gute Idee hatte zuvor schon einmal jemand anderes. So ist es auch hier, Google zeigt mir sieben (in Zahlen: 7!) Treffer für das Wort “Workatical” und zumindest eine dieser Fundstellen nutzt den Begriff auch mit der Bedeutung, die ich darunter verstehe. Doch da ich den Begriff vorher nicht kannte, nie zuvor gehört oder gelesen hatte, habe ich ihn erfunden – wenn auch nicht exklusiv bzw. als erster. Das ist aber nicht wichtig, mir zumindest nicht.

Weiter unten werde ich eine erste Definition dieses neuen Begriffes “Workatical” beisteuern. Doch zunächst einmal zum eigentlichen Thema:

workatical

Mein Workatical – Warum und Wofür

Mein “Warum” ist ziemlich profan: Ich brauche einfach mal wieder eine Pause von dem, womit ich seit einigen Jahren den Hauptteil meiner Zeit verbringe. Ich habe, seitdem ich als sogenannter “Agile Coach” selbstständig bin, selten den Bedarf verspürt, einmal so richtig Urlaub zu machen. Doch nun spüre ich den Bedarf, vielleicht massiver als je zuvor. Wahrscheinlich hat es auch etwas mit den letzten beiden intensiven Jahren im Homeoffice zu tun, dass ich zuletzt das Gefühl habe, mir fällt “die Decke auf den Kopf”. Meine Arbeit hat sich in den letzten Monaten immer weiter verdichtet, in mancher Woche hat sich die Suche nach freien Slots für einen weiteren Workshop wie Tetris angefühlt. Und das, obwohl ich mir dieser Gefahr durchaus bewusst bin und zumindest versucht habe, mir freie Zeiten zu blocken.

Und natürlich ist die Realität weitaus komplexer, vielfältiger und persönlicher – vielleicht werde ich zu gegebener Zeit auch einmal näher darauf eingehen, welche tiefergehenden (Beweg-) Gründe ich bei mir persönlich erkenne.

Mein “Wofür” ist ungleich spannender: In den letzten Monaten sind einige (Geschäfts- bzw. Produkt-) Ideen und Kooperationen entstanden. Diese Ideen brauchen meine Aufmerksamkeit, um eine Chance auf Erfolg zu haben. Und ich freue mich darauf, konzentriert an diesen Ideen zu arbeiten, sie umzusetzen und dabei ganz viel Neues zu lernen.

Es ist also ein wenig “weg von” (dazu würde eventuell schon ein längerer Urlaub ausreichen, um die Batterien aufzuladen und neue Motivation zu tanken) und ganz viel “hin zu”!

Mein Workatical – Wie

Ich starte mit drei Wochen echtem Urlaub, also echte Pause. Keine Kundentermine. Keine Ausnahme. (Doch, eine Ausnahme: Ich werde in der zweiten Urlaubswoche an zwei Sessions zur Aufnahme neuer Folgen für die zweite Staffel unseres freiKopfler Podcasts teilnehmen. Aber das ist ja quasi Urlaub!) Wahrscheinlich werde ich fasten, sowohl was die körperliche als auch die geistige Nahrung (Social Media und andere Medien) angeht. Ich werde lesen (echte Bücher!) und wandern. Vielleicht besuche ich ein paar Freunde, die ich schon lange nicht mehr gesehen habe. Und ich werde mir viel Zeit für unsere beiden Kätzchen nehmen. 

Danach beginnt dann das eigentliche Workatical. Ich werde also fokussiert an eigenen Geschäftsideen und Produkten arbeiten. 

Während dieser Zeit werde ich nur einige wenige, handverlesene Kundentermine durchführen. Dazu habe ich mir klare Grenzen (Timeboxes!) gesteckt, um nicht schleichend den Fokus zu verlieren. (Wäre das eine Sonderform von Parkinson’s Law? Wenn sich also eine Form der Arbeit immer weiter ausdehnt, bis sie andere Formen verdrängt hat?)

Wie lange dauert das Workatical? Es gibt kein klares Ende des Zeitfensters, es gibt auch für keine der Ideen einen definierten Zeitplan zur Umsetzung. Aber ich habe mir einen ersten Checkpoint gesetzt: Spätestens Mitte des Jahres (also Ende Juni) werde ich mir die Frage stellen, wie es weiter geht. Es kann durchaus sein, dass eines der Themen so an Fahrt gewonnen hat, dass ich ihm weiterhin meine volle Aufmerksamkeit schenken werde. Vielleicht lasse ich dann aber auch ein Thema fallen und nehme ein neues in den Fokus. Vielleicht kehre ich aber auch wieder in meinen “alten Job” zurück, reicher an neuen Erfahrungen und neuen Ideen. Vielleicht auch eine Mischung, vielleicht etwas ganz anderes.

Der Zeitraum bis zum Checkpoint Mitte des Jahres ist mein “Leistbarer Einsatz” und damit fiel mir die Entscheidung leicht. Nachzulesen u. a. ab Seite 83 in meinem Gastbeitrag zum – auch sonst – sehr inspirierenden “Handbuch der Entscheidungen” von Nadja Petranovskaja und Tobias Leisgang.

Einen für mich sehr wichtigen Aspekt möchte ich noch betonen: Eigentlich hat meine Auszeit schon viel früher begonnen! Ich hatte mir schon mehrmals und zuletzt für den Januar vorgenommen, mir mehr Zeit für mich und meine Ideen zu nehmen. Und jedes Mal bin ich krachend oder schleichend daran gescheitert. 

Denn ich bin ja gerne “Agile Coach”, Sparringspartner, Trainer und Berater. Und ich bin überzeugt davon, dass das was ich sage und mache, wertvoll und nützlich ist. Und ich arbeite gerne mit Menschen und freue mich, wenn ich helfen kann, die (Arbeits-) Welt ein kleines bisschen besser zu machen. Und deshalb fällt es mir in der Regel extrem schwer, “nein” zu sagen, wenn man mich fragt, ob ich nicht unterstützen könne. 

Dieses Mal habe ich etwas anders gemacht: Ich habe frühzeitig alle laufenden Kunden und Partner darüber informiert, dass ich a) einen Urlaub plane und während der Zeit NICHT erreichbar sein werde und b) auch danach nur eingeschränkt verfügbar sein werde, weil ich mich auf andere Themen konzentrieren werde.

Die Idee dahinter ist, dass es mir so einfacher fallen wird, “nein” zu neuen Anfragen zu sagen, da ja schon alle Bescheid wissen. Und das ist auch so: Ich musste schon “nein” sagen und es fühlte sich viel besser an. Und natürlich kommen aktuell auch weniger Anfragen. (Das fühlt sich ehrlich gesagt seltsam an, obwohl es ja gewünscht und geplant ist.)

Als ich dem fantastischen Daniel Bartel davon erzählte, formuliert er mein Vorgehen so treffend als grundlegendes Prinzip, dass ich ihn einfach zitieren muss: 

“Say no, before you need to say no!” [D. Bartel]

Und ich kann jetzt schon sagen, dass sich allein die Ankündigung für mich gelohnt hat. Ich bin jetzt schon entspannt, obwohl mein Urlaub erst nächste Woche beginnt … 

So blieb mir Zeit und Energie, um noch vor dem Urlaub einen Abschluss meiner Artikelserie “Agilität? Haben wir probiert! Funktioniert nicht!” zu schreiben: Ich wünsche viel Spaß beim Lesen!

Mein Workatical – Was

Ab Ostern werde ich meine Aufmerksamkeit zwei ganz konkreten Themen schenken: 

Zum einen werde ich gemeinsam mit dem wunderbaren Sascha Geßler unser Programm Coaching für Talente – Persönlichkeitsentwicklung & Coaching für Talente – starten. Konkret werden wir in Kürze eine erste Pilotgruppe durchführen und haben noch ein paar Plätze frei …

Zum anderen werde ich gemeinsam mit dem großartigen Peter Hampel an einer ganz anderen Innovation arbeiten – es wird um körperliche und mentale Gesundheit gehen. Mehr kann und möchte ich heute und hier noch nicht verraten …

Und wenn mir danach ist, werde ich auf diesem Kanal darüber berichten, wie mein Workatical so läuft, was ich erfahre und lerne. 

Workatical, das – Eine erste Definition

Ähnlich wie der in den letzten Jahren immer populärer gewordene Kunstbegriff “Workation” als Mischung aus “Work” und “Vacation”, also Arbeit und Urlaub, beschreibt “Workatical” eine Mischung aus “Work” und “Sabbatical”, also Arbeit und Auszeit.

Es geht bei einem Workatical also um eine temporäre Auszeit von der Arbeit, die man hauptsächlich ausübt, wobei man diese Zeit mit einer anderen Arbeit füllt. 

Die Dauer der Auszeit ist dabei nicht relevant, wobei ich bei einem Nachmittag, an dem ich im Café eines Freundes aushelfe, nicht als Workatical bezeichnen würde.

Temporär bedeutet, dass es zumindest zu Beginn nicht als dauerhafte Tätigkeit geplant ist. Bei einem Workatical ist die Rückkehr zum bisherigen Job der Normalfall oder zumindest eine absolut denkbare Option. Es ist durchaus denkbar, dass sich im Laufe der Auszeit die Erkenntnis einstellt, dass man nicht mehr in den vorherigen Job zurückkehren wird. Es ist offen, ein Jobwechsel ist jedenfalls nicht von vornherein geplant.

All diese Beschreibungen treffen so oder so ähnlich auch auf ein “Sabbatical” zu. Der Unterschied – oder besser: die Schärfung – besteht darin, womit man die Auszeit verbringt. 

Bei einem Sabbatical ist das sehr offen gehalten: Viele nutzen die Zeit für Reisen oder für eine intensive Familienphase. Aber auch Weiterbildung, Forschung oder die Mitarbeit an sozialen Projekten ist vom Begriff “Sabbatical” abgedeckt. 

Inhaltlich stellt “Workatical” also eine Teilmenge von “Sabbatical” dar bzw. eine Schärfung des Begriffs, indem klar ist, dass das Sabbatical (vor allem) mit Arbeit gefüllt wird. 

Mit welcher Arbeit man die Zeit füllt und mit welcher Intention, das kann sehr unterschiedlich sein: Mitarbeit in Projekten, die man unterstützenswert findet. Hospitieren in einem Beruf, den man spannend findet und bei dem sich vielleicht fragt, ob man das kann und ob das eine Alternative zum jetzigen Job wäre. Umsetzung einer (Geschäfts-) Idee. Etc. pp.

Dabei ist es nicht relevant, ob man für die Arbeit monetär bezahlt wird oder nicht. 

Die Tätigkeit sollte allerdings anders genug bzw. weit genug entfernt von der bisherigen Beschäftigung sein, um neue Impulse, Perspektiven und Erfahrungen sammeln zu können.

Denn die Gründe und Zielsetzungen für ein Workatical sind grundsätzlich dieselben wie für jedes Sabbatical: Steigerung von Motivation und Kreativität, Überdenken der künftigen Ausrichtung, Neuorientierung, Klärung wichtiger persönlicher Lebensfragen, Prävention von Burnout etc. Wobei der Fokus natürlich stärker auf Themen liegt, die mit Arbeit zu tun haben.

Was meint Ihr? Alter Hut? Habt Ihr auch schon mal ein Workatical gemacht, ohne den Begriff zu kennen? Ich freue mich auf Eure Kommentare 🙂